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Thema: [110219][NEWS] Wettbewerb: Come Rain, Come Shine Sa Feb 19, 2011 3:05 am
Einen Höhepunkt des Wettbewerbs bietet gewissermaßen Yoon-ki Lees Film an, insofern, als er für eine erkennbare Tendenz des Programms steht und diese zu ihrer pursten Form kultiviert. Dazu gehört The Future, der den Zeitgeist durch die Bloßstellung des Apolitischen in der heutigen Gesellschaft ausdrückt, durch seine Verlagerung ins Internet, in ein zielloses Milieu des Net 2.0, welches Menschen in der Wirklichkeit ebenso trennt, wie es sie online verbindet. Ebenfalls dazu gehört der Beitrag von Seyfi Teoman, Bizim Büyük Çaresizligimiz, der, etwas spät, die Monotonie des Indie-Lebens Mitte 30 durch eine Liebesgeschichte zu erlösen versucht, und Un Mundo Misterioso, welcher den Höhepunkt eines konservativen Pessimismus darstellt und den Menschen, außerhalb einer Liebesbeziehung, seiner Einsamkeit ausliefert. Im Mittelpunkt all dieser Filme stehen also vereinsamte und apolitische Menschen, die nach Orientierung höchstens im Internet suchen können.
Der Tag der Trennung macht den Inhalt von Come Rain, Come Shine aus. In einer über zehn Minuten langen Einstellung wird das Paar, um welches sich der Film dreht, auf einer Autofahrt Richtung Flughafen gezeigt. Neben dem verbalen Austausch von Belanglosigkeiten kündigt sie (Soo-jung Lim) die Trennung an. Er (Bin Hyun) akzeptiert es, sie scheinen sich auseinander gelebt zu haben, die Stimmung ist aber durchaus elegisch. Ein Regen bricht aus, sie müssen zurück nach Hause, sie müssen ihr Ausziehen vorbereiten.
So stoßen zwei weitere Charaktere zur Erzählung. Der Regen, der sich auf der Tonebene ständig der Stimmung im Haus anpasst, und zur Sanduhr für die noch zu verbringende gemeinsame Zeit des Paares wird, und das Haus, ein Altar des gemeinsamen Lebens der beiden Hauptprotagonisten, welcher die Abstraktion in der Figurengestaltung erlaubt. Alles andere ist Tempo, die Vorbereitungen schreiten als Abfolge von wenigen getauschten Zeilen, von Bewegungen der beiden in den Räumen ihrer Wohnung und von Aufnahmen dieser Räume als Gedächtnisträger des vergangenen gemeinsamen Lebens langsam voran, die allmählich entstehende unausgesprochene Reue erfüllt die Leinwand viel mehr als die Handlungen und bezieht den Zuschauer immer weiter mit ein in eine Gefühlslage, die auf das Ende des Films hinausläuft. So funktioniert Come Rain, Come Shine im besten Sinne als transzendentalen Film, der eine Stasis besonders präzise und geduldig aufbaut, um sie dann in den letzten Bildern dort entstehen zu lassen, wo sie hingehört: zwischen Leinwand und Zuschauer.